Design, Kommerz und Politik: Ein neuer Blick auf die historischen Hintergründe des Deutschen Werkbunds von Architekturhistoriker Werner Oechslin
Als sie 1907 den Deutschen Werkbund gründeten, wollten Friedrich Naumann, Henry van de Velde und ihre Weggefährten die Kunst mit der Industrie verbinden. Ästhetisch und qualitativ hochwertige Alltagsgegenstände sollten an die Stelle dekorativen Kunstgewerbes treten. Ging es aber wirklich nur darum? Werner Oechslin findet innerhalb des Werkbunds auch viele Positionen, die sich weniger für gelungenes Design als für Exportinteressen engagieren und, ganz im Zeitgeist, von der kulturellen Überlegenheit und wirtschaftlichen Macht Deutschlands phantasieren. Das passt so gar nicht zum Mythos vom Werkbund, der das Tor zu einer modernen, besseren Welt öffnete. Wir müssen uns von der Vorstellung verabschieden, dass der ästhetische Fortschritt eng mit politischen und gesellschaftlichen Interessen verbunden sei.
Über den Autor Werner Oechslin
Werner Oechslin, 1944 in Einsiedeln geboren, studierte Kunstgeschichte, Archäologie, Philosophie und Mathematik in Zürich und Rom. Nach der Promotion 1970 war er Assistent an der Universität Zürich. Von 1975 bis 1980 lehrte er am Massachusetts Institute of Technology (MIT), an der Rhode Island School of Design (RISD) sowie an der Freien Universität Berlin, wo er sich 1980 habilitierte. Im selben Jahr erhielt er einen Ruf an die Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. 1985 unterrichtete er an der École d'Architecture in Genf. Von 1985 bis 2010 war Oechslin Ordinarius für Kunst- und Architekturgeschichte sowie von 1987 bis 2006 Direktor des Instituts für Geschichte und Theorie der Architektur (gta) an der ETH Zürich. 1987 war er Gastprofessor an der Harvard University. Er ist Mitglied des consiglio scientifico des Centro Internazionale di Studi di Architettura Andrea Palladio in Vicenza. In der Gründungsphase war er Mitglied des consiglio scientifico der Scuola di Architettura in Mendrisio. Werner Oechslin hat zahlreiche Beiträge zur Architektur- und Kunstgeschichte des 15. bis 20. Jahrhunderts publiziert. Den Schwerpunkt bilden die Studien zur Architekturtheorie, zur Architektur der Moderne, zum 18. Jahrhundert sowie Untersuchungen zu besonderen Problemen der Architekturzeichnung, Architekturtypologie und der ephemeren Architektur (Festarchitektur).