Seit je hat Klaus Wagenbach die Schulweisheit vom dunklen Kafka geärgert. Es sind vielmehr die unerwarteten Wendungen, die Verkehrung ins Paradoxe und der hintergründige Humor, die ihn seit fast siebzig Jahren immer wieder aufs Neue an Kafkas Texten faszinieren. Die tragisch-komische Sorge des Trapezkünstlers, dem die eine Stange nicht reicht, Beamte, die ihren Kollegen die täglichen Aktenberge neiden, das ewige Katz-und-Maus-Spiel, das für einen von beiden Kontrahenten immer schlecht ausgeht, kluge Pferde, reisemüde Drachen, lebendige Erbstücke und allerlei anderes Getier - und nicht zu vergessen: Odradek, in dessen trockenes Lachen Kafkas dienstälteste Witwe nur zu gerne einstimmt.
Über den Autor Franz Kafka
Franz Kafka (3.7.1883 Prag - 3.6.1924 Kierling bei Klosterneuburg) studierte nach dem Abitur Jura an der Deutschen Universität Prag und wurde 1906 promoviert. Im Brotberuf Versicherungsjurist widmete sich Kafka seiner schriftstellerischen Tätigkeit in der Regel nachts. Seine erste große Erzählung »Das Urteil« (1912) bedeutete den Durchbruch zu einem eigenen Erzählstil, der von präzise-realistischen Detailschilderungen und einer phantastisch-grotesken Verfremdung der Realität gekennzeichnet ist. Kafkas unverwechselbarer Stil wird mit dem eigens geprägten Begriff 'kafkaesk' beschrieben. Kafka starb im Alter von 40 Jahren an Tuberkulose.