Ostwalds Vagabunden-Buch ist heute so aktuell wie damals: Die Zahl der Obdachlosen und bettelnden Vagabundierer steigt und steigt, je mehr das Soziale in der sogenannten sozialen Marktwirtschaft verschwindet. Als junger Mann hat er unmittelbar erleben müssen, wie es sich anfühlt, ohne Arbeit und Heim herumzuziehen, stets argwöhnisch beobachtet von "guten" Bürgern und Ordnungshütern, aber auch malträtiert von allen möglichen selbst ernannten "Gutmenschen", die mit ihren Sozalprojekten die Situation der Vagabunden ins Unerträgliche pervertierten. Sein Buch wurde ein Erfolg, weil auch bürgerliche Leser sich von der "dunklen Seite" der Gesellschaft magisch angezogen fühlten, ohne damit den unmittelbaren Kontakt mit dieser Gesellschaftsschicht ertragen zu müssen.
Über den Autor Hans Ostwald
Der 1873 in Berlin geborene Hans Otto August Ostwald führte während seiner Monate ¿auf der Walz¿ ein Tagebuch, das er als ¿ersten und echten deutschen, halb autobiographischen Landstreicherroman¿ unter dem Titel Vagabonden (1900) veröffentlichte, der ihm ein Leben als freier Schriftsteller ermöglichte. Er wurde ein umtriebiger Autor, Journalist und Herausgeber. Sein Interesse für die Subkulturen vor allem Berlins brachten ihn mit den literarischen und wissenschaftlichen Avantgarden seiner Zeit zusammen, er betrieb zwischen 1904 und 1908 ein Projekt zur Stadtethnographie, das er in einer fünfzigbändigen Buchreihe unter dem Titel Großstadt-Dokumente mitherausgab.